- Fremde
Kultur
Paraguay hat eine völlig andere Kultur mit völlig anderen Werten, Sitten und
Gebräuchen. Du machst einen Termin mit einem Handwerker. Am Montag, um 09:00
Uhr will er bei Dir. Am Montag um 10:00 Uhr rufst Du ihn an. Er dachte, der
Termin gelte nicht mehr, weil Du ihn am Montagmorgen nicht erneut angerufen
hast. Aber dann fährt er jetzt in 5 Minuten los. Gut, die Wegezeit beträgt 20
Minuten, dann kannst Du ja planen. Um 11:00 Uhr rufst Du wieder an. Er ist vor
5 Minuten losgefahren, sagt er. Um 12:00 Uhr sagt er, er wäre so gut wie da.
Gegen 13:00 Uhr kommt Dein Handwerker endlich. Kannst Du da entspannt bleiben?
Unter Paraguayern echte Freunde zu finden, ist wirklich nicht einfach. Du musst
dazu tief in die Kultur eintauchen und sie verstehen lernen. Du musst dafür ein
stückweit werden die Paraguayer. Wenn Du zu 21:00 Uhr eingeladen wirst und Du
kommst um 21:00 Uhr, dann funktioniert das einfach nicht. Es reicht, wenn Du um
22:00 Uhr oder 23:00 Uhr da bist. Um 21:00 Uhr sind die Gastgeber selbst noch
gar nicht zu hause.
Mit echten Freunden sprichst Du über Deine Wünsche und Träume, über Sorgen,
Nöte und Ängste. Findest Du Paraguayer, mit denen Du das tun kannst?
- Sprache
Die Spracheist ein großes
Hindernis. Als wir nach Paraguay kamen, konnten wir bereits auf mittlerem
Niveau Spanisch. Wir können bei sämtlichen Themen ausdrücken, was wir möchten,
auch wenn es mit der Grammatik oder dem Wortschatz vielleicht manchmal noch ein
wenig eckig klingt. Entscheidend ist aber, ob wir die Antwort verstehen oder
nicht.
Oft bin ich mir nicht sicher, ob der Andere nun gerade Spanisch spricht oder
Jopará, die hiesige Mischung aus Spanisch und Guaraní. Ich verstehe einige
Worte, was bedeutet, das Spanisch dabei war. Den ganzen Rest verstehe ich
nicht, was zwei Ursachen haben kann: Die anderen Worte waren Guaraní, was ich
nicht verstehe oder aber es war zwar Spanisch, aber eben mit dem paraguayischen
Dialekt, schnell und alle Wörter zu einem zusammengefasst. Davon verstehe ich
dann genau so viel, wie bei Guaraní: Gar nichts.
Realistisch ist: Wenn Du nicht gerade jeden Tag von Spanisch, Joapará oder
Guaraní umgeben bist, dann wirst Du es schwer haben, es bis zu einem guten
Niveau zu lernen. Mit „jeden Tag“ meine ich nicht, dass Du jeden Tag an der
Supermarktkasse „no“ sagst, wenn die Kassiererin „factura con nombre?“
(Rechnung mit Namen?) fragt. So lernst Du noch kein Spanisch. Jeden Tag von der
Sprache umgeben sein, das heißt entweder einen Lebenspartner in der anderen
Sprache zu haben oder aber in einem Spanisch-/Guaraní-sprachigen Umfeld
arbeiten. DANN geht es. Es gibt Deutsche, die sprechen perfekt Spanisch und
Guaraní. Aber die sind seit 10 bis 20 Jahren hier und haben viel für diese
Sprachen getan.
- Armut
Die Armut ist in Paraguay allgegenwärtig. Du kannst nicht darüber
hinwegsehen.
Stadtviertel in Asunción, in denen die Menschen in Wellblechhütten leben.
Kinder in zerlumpten Kleidern, die am Rand des Bürgersteigs oder in Hauseingängen
liegen und schlafen. Dabei hat Asunción im Durchschnitt Paraguays mit den
größten Wohlstand. Auf dem Lande würdest Du in manchen Landesteilen noch mehr
Armut erleben, doch das ist für uns Einwanderer unsichtbar, da wir uns dort
nicht aufhalten.
Die Frage ist, wie Du damit umgehst? Manche Paraguayer sind da recht eindeutig
in ihren Aussagen: „Für die Leute in den Wellblechhütten in Asunción zahlt der
Staat den Strom. Und ich muss dafür arbeiten! Das ist ungerecht!“ Du hast viele
Optionen. Ignorieren? Damit leben? Helfen? Wenn ja, wie? Wie geht es Dir, wenn
Du gerade für ca. 30 Euro mit Deiner Familie essen gehst, während nicht weit
weg davon große Armut herrscht?
- Kriminalität
„Südamerika ist ein heißes Pflaster! Geh da lieber nicht hin! Da werden
dauernd Menschen entführt oder umgebracht!“ Was ist da nun wirklich dran? Im
vorigen Punkt haben wir über die Armut in Paraguay gesprochen. Je größer die
Unterschiede zwischen Arm und Reich und je näher man nebeneinander lebt, umso
größer das Risiko, dass es zu Verbrechen kommen kann. Die Art der Verbrechen
zeigt, dass es wohl wirklich Armutsverbrechen sind. So z.B. der Diebstahl einer
Kuh von der Weide. Oder genauer gesagt: Der Diebstahl des Fleisches der Kuh.
Das Skelett haben die Diebe zurückgelassen. Die Kuh wurde auf ihrer eigenen
Weide geschlachtet. In Deutschland läuft das vermutlich unter „Mundraub“.
Unsere persönliche Bilanz als Verbrechensopfer: Man hat uns ein ca. 1,50m-hohes
Avocado-Bäumchen aus den Garten gestohlen. Ansonsten ist uns nichts passiert.
Uns sind aber zwei andere deutsche Auswanderer bekannt, die in ihren eigenen
Häusern von Bewaffneten überfallen und ausgeraubt wurden. Der finanzielle
Verlust ist noch leichter zu verschmerzen. Aber was macht es mit einem
Menschen, wenn er 15 Minuten lang eine Pistole an der Schläfe hatte? Die
Mordrate in Paraguay ist etwa 10x so hoch wie in Deutschland!
Warum sind wir trotzdem nach Paraguay gegangen? Wie gehen wir mit diesem Risiko
um? Ziemlich nüchtern, würde ich sagen. Wir sehen uns die Zahlen an. Ein
Großteil der Morde passiert im Drogenmilieu an der Grenze zu Brasilien. Weit
weg von uns bringen sich Drogendealer gegenseitig um. Den Teil der Statistik
blende ich aus. Ohnehin sind Morde meist Beziehungstaten. Wenn man einmal – was
selten genug vorkommt – von einem deutschen Mordopfer hört, so ist der Täter mit
größerer Wahrscheinlichkeit Deutsch als Paraguayisch.
Dann macht es einen Unterschied, ob Du in Asunción nachts um die Häuser ziehst
oder eher ländlich in einem ruhigen Wohnviertel wohnst. Entführungen? Ja, in Mexiko
und in Mittelamerika, teilweise in Brasilien. In Paraguay haben wir so etwas
noch nicht gehört.
Und am Ende steht immer die Frage des Vergleiches zu Deutschland: Ist
Deutschland wirklich sicherer?
- Der
Europäer als Melkkuh
Aus Sicht der Paraguayer bist Du reich, einfach weil Du Europäer bist. Alle
Europäer sind reich, egal ob Du in Deutschland zuletzt von Hartz IV gelebt oder
gerade Dein Unternehmen für 5 Millionen Euro verkauft hast. Da ist es doch nur
gerecht, dass die Reichen den Armen helfen. Natürlich wirst Du für Dienstleistungen
höhere Preise bezahlen als die Paraguayer. Man wird immer versuchen, Dich zu
melken, mal weniger, mal mehr.
Je nachdem, um welche Summen es geht, machen wir das Spiel gerne mit oder auch
nicht. Zwei Beispiele: Wir hatten eine Panne. In der Dämmerung half uns ein
Paraguayer, demontierte unseren Reifen, flickte ihn und montierte ihn bei
völliger Dunkelheit im Lichte seiner Taschenlampe wieder. Zwei Stunden Arbeit.
Normal wären ca. 1,50 € pro Stunde, also 3 Euro in Summe. Er hat 7,50 €
verlangt und ich habe sie ihm gerne bezahlt. Der Monteur hat uns in einer
Notsituation geholfen und das wegen der Dunkelheit unter erschwerten
Bedingungen. 7,50 € für seine Leistungen? Gerne!
Das Gegenbeispiel: Wir waren gerade in ein paraguayischen Wohnviertel gezogen
und wollten eine Willkommensparty für alle Nachbarn in Sichtweite geben, damit
wir uns alle mal kennenlernen können. Eine paraguayische Familie bot uns an,
für uns das Catering in Form eines Asados (Grillparty) zu organisieren. Wir
baten um einen Kostenvoranschlag für 30 Personen. 1.200 € sollte es kosten,
also 40 € pro Nase. Dafür bekommt man pro Person so etwa 4 bis 8 Kilogramm Rindfleisch,
je nach Qualität. Getränke extra. Das Angebot ist schon extrem dreist. Nach dem
Motto: „Falls die dummen Deutschen das wirklich bezahlen, sind die
Familien-Finanzen für die nächsten 6 Monate saniert.“ Wir haben das Angebot
angelehnt. Eine deutsche Freundin hat dann das Catering übernommen, allerdings
ohne das Grillen. Stattdessen gab es Schnittchen, Häppchen etc., im
Wesentlichen paraguayische Spezialitäten. Der Preis? 120 €. Statt 1.200 €. Als
wir die Paraguayer mit dem teuren Angebot mit dem Alternativangebot konfrontierten
entgegneten sie, den Preis könnten sie auch halten. Dann würden sie einfach
zwei Salate weniger machen. Zwei Salate weniger und dadurch 1.080 € sparen? Was
wären denn das für Salate gewesen??? Mit Blattgold überzogen? Nein Danke. Wir
hatten ein schönes Fest mit den Nachbarn für Kosten von 120 € plus Getränke.
Solche Geschichten passieren in Paraguay immer wieder. Autoreparaturen, die für
1.500 € angeboten werden und bei einer Alternativwerkstatt dann doch nur 250 €
kosten. Du musst hier ständig auf der Hut sein, nicht über den Tisch gezogen zu
werden.
- Korruption
Es gilt wohl nur wenige Länder mit so viel Korruption wie Paraguay. Im Großen
wie im Kleinen. Der Filz aus Politik und Wirtschaft ist allgegenwärtig. Etwa so
wie in Deutschland.
Anders ist hier aber die Korruption im Kleinen: Während ich die deutschen
Polizeibeamten für unbestechlich halte (vereinzelte Ausnahmen bestätigen die
Regel), sieht es da in Paraguay anders aus. Die Polizei würde ja gerne besser
auf Dich aufpassen. Die haben nur zu wenig Benzin. Eine kleine Benzinspende (z.B.
5 €) könnte ja helfen. Und auf dem Amt haben sie gerade kein Druckerpapier und
können Dir das Formular nicht ausdrucken. Aber eine kleine Papierspende (1 €
oder 2 €) könnte dafür sorgen, dass dann doch wieder Papier auftaucht. Von
diesen Fällen haben wir gehört, aber sie sind uns noch nicht persönlich
passiert.
Um größere Summen geht es beim Zoll und in Verkehrskontrollen. Mit hoher
Wahrscheinlichkeit wirst Du hier als Einwanderer so Deine Erfahrungen machen und
den einen oder anderen Geldschein loswerden. Die Korruption geht dabei nicht
von den Einwanderern aus. Es ist nicht so, dass Du einen Polizisten aktiv
bestechen willst, um eine mildere Strafe zu bekommen. Nein, der Polizist fängt
an und stellt Dich vor eine Situation, in der Du kaum noch eine andere Wahl
hast.
- Verkehrschaos
Rushhour in Asunción. Stoßstange an Stoßstange schieben sich die Autos im
Schritttempo vorwärts, immer darauf achten, keinen Abstand von mehr als einem
Meter zu lassen, denn da könnte sich ja jemand reindrängeln, der auf der Spur
einfädeln möchte. Die Hupe ist Dein bester Freund.
Die Zahl der Autos in Paraguay hat sich in den letzten 10 Jahren mehr als
verdoppelt. Die Zahl der Straßen nicht. Das Projekt „Metrobus“, Schnellbusse
mit eigener Spur wurde gerade wieder beerdigt, bzw. in die Zukunft verschoben.
Seit Jahren arbeitet man an der Idee, die Eisenbahn zu reaktivieren, aber man
hat es noch immer nicht geschafft.
Immer mehr Paraguayer kaufen sich erstmals ein Auto, so dass das Verkehrschaos
vermutlich nicht kleiner, sondern größer wird.
Die Freundlichkeit, die Du von vielen Autofahrern aus Deutschland kennst, die
gibt es hier fast gar nicht. Die Verkehrsdisziplin geht gegen null. Aus zwei
Spuren macht man zur Rushhour einfach mal drei, die dann naturgemäß ziemlich
schmal werden. Doppelt durchgezogene Linie? Die meisten Paraguayer überholen
trotzdem. Warum auch nicht? Dass die doppelt durchgezogene Linie ein
Überholverbot bedeutet, lernt man in der Fahrschule und kaum ein Paraguayer hat
je eine Fahrschule von innen gesehen. Motorradfahrer umkreisen Dein Auto zur
Rushhour wie Schmeißfliegen. Links, rechts, vorne, hinten. Und sie sind viele.
Du blinkst rechts, weil Du rechts abbiegen möchtest? Für viele Motorradfahrer
ist das überhaupt kein Grund, nicht vorher noch zu versuchen, Dich rechts zu
überholen. Die Vorfahrtsregeln in Asunción? So genau scheint sie niemand zu
kennen. Gewohnheitsrecht ist Trumpf. Die Straßen in der einen Richtung haben
meist Vorfahrt vor den Querstraßen. Große Autos vor kleineren Autos. Autos vor
Motorrädern. Und Achtung an roten Ampeln in der Rushhour: Meist steht da ein
Verkehrspolizist, der Dich trotz Rot über die Kreuzung winkt. Wenn Du jetzt bremst,
hast Du Deinen ersten Auffahrunfall produziert.
Die gute Nachricht ist: Vergleichen mit Buenos Aires, Rio de Janeiro, Sao Paulo
oder Lima ist der Straßenverkehr in Asunción völlig harmlos. Die schlechte
Nachricht ist: Dieser Vergleich kann Dir völlig egal sein, wenn Du aus
Augsburg, Dresden, Recklinghausen oder Bad Segeberg kommst.
Wenn ich von einer Autofahrt nach Asunción zurückkehre, so will ich meist nur
noch eines: Schlafen.
- Hitze
Januar. Sommer in Paraguay. Die Sonne knallt erbarmungslos. Es gibt Dinge,
die sollte man jetzt einfach nicht berühren. Z.B. das Lenkrad eines Autos. Oder
die innere Türklinke Deiner Haustür. Im Pool ist es in Ordnung, vor der
geöffneten Kühlschranktür auch oder aber im Einkaufszentrum, denn die sind meistens
klimatisiert. Aber sonst? Wohl dem der eine Klimaanlage hat. Unser derzeitiges Schlafzimmer
hat so ca. 20 – 25 qm und ist absolut nicht gedämmt. Eine Wand aus
Hohlziegelsteinen, darüber ein ungedämmtes Dach. An der Wand hängt eine
Klimaanlage mit 18.000 BTU, also keine ganz kleine. Sie macht es wie
Schweinsteiger im WM-Finale 2014: Sie hängt sich voll rein, gibt alles, aber
auch wirklich alles, holt das Letzte aus sich heraus. Aber (anders als bei
Schweinsteiger) reicht es am Ende nicht. Wir bekommen die Bude nicht mehr unter
25-26 Grad gekühlt. Dabei wohnen wir „nur“ in den Subtropen. Möchte nicht
wissen, was im Sommer im Chaco los, denn die nördlichen 2/3 Paraguays zählen zu
den Tropen.
Fragst Du die Paraguayer nach den Temperaturen im Sommer, so überschlagen sie
sich: 40 Grad, 45 Grad, 48 Grad. Doch sollte man immer die Quelle dieser
Angaben hinterfragen. „Meine Oma fühlt so was“ reicht mir ebenso wenig wie
Außenthermometer bei der Apotheke an der Ecke (welches übrigens in der Sonne
hängt). Verlässt man sich lieber auf die offiziellen meteorologischen Daten, so
liegt der Temperaturrekord der letzten 30 Jahre für Asunción bei 42 Grad,
gemessen in den Monaten Dezember und Januar, während 40 Grad schon erreicht wurden
im Oktober, November, Februar und März. Aber das sind die REKORDE der letzten
30 Jahre. Die Rekorde jedes einzelnen Sommers dürften 2 bis 4 Grad weniger
betragen, die durchschnittliche Tageshöchsttemperatur in Asunción im Januar
liegt bei schattigen 34 Grad. Aber ohne Pool und Klimaanlage ist das auch noch
deutlich zu viel. Im Pool mit einem Cocktail, wollte sagen „Wasser“ zu trinken,
geht es.
Die größte Naturkatastrophe des 20. Jahrhunderts, gemessen an der Zahl der
Toten, war übrigens nicht der Tsunami in Südostasien, sondern der Europäische
Sommer 2003. Die Todeszahlen bei alten Menschen, die über die statistische
Erwartung hinaus gingen, waren größer als beim Tsunami.
Wenn Du also die 70 schon überschritten hast und Dir hohe Temperaturen zu
schaffen machen, dann bleib lieber zuhause. Oder geh nach Norwegen, aber
jedenfalls nicht gerade nach Paraguay.
- Dengue-Fieber
Wenn Du im Kreuzworträtsel mal gefragt wirst, wie man ein ca. 40 bis 60
Nanometer großes, behülltes RNA-Virus mit positiver Polarität aus der Familie
der Flaviviren nennt, dann solltest Du „Dengue-Virus“ eintragen.
Mit der Hitze und der Feuchtigkeit kommen die Mücken. Die nerven ja schon, wenn
die Stiche nur jucken. Aber wie fühlt es sich für Dich an, wenn Du Dich jedes Mal
fragen musst: „Hmmm, ein Stich. Hat mich diese Mücke jetzt gerade mit Dengue
infiziert?“
Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO infizieren sich weltweit
jährlich ca. 50 – 100 Millionen (nach anderen Schätzungen sogar 390 Millionen) Menschen
mit dem Dengue-Virus. Wenn es Dich trifft, so ist das wie eine ziemlich heftige
Grippe, die Dich mindestens eine Woche aus dem Verkehr zieht. 500.000 Menschen
pro Jahr, also 0,5% bis 1% der Erkrankten haben einen schweren
Krankheitsverlauf. Jetzt wird es haarig, denn es kann zu einem
Dengue-Schock-Syndrom kommen, der Dich sogar ins Jenseits befördern kann. Dort kannst
Du dann Deinen Ur-Ur-Ur-Ur-Großeltern erklären, warum Du gerade nach Paraguay
auswandern wolltest. Rund 22.000 Menschen weltweit, also 4% der Erkrankten mit
schwerem Krankheitsverlauf, sterben am Dengue-Fieber. Ein besonderes Risiko
besteht für Kinder.
„Weltweit“ sagt ja noch nichts über Paraguay. Im letzten Somme 2018/2019
erkrankten in Paraguay 2.397 Menschen an Dengue; eine Frau starb daran. Die
schlimmste Epidemie der letzten Jahre gab es hier in 2013, als 252 Tote durch
Dengue zu beklagen waren.
Mit diesen Zahlen ist Paraguay alles andere als ein Dengue-Hotspot. In einigen
Ländern Afrika, aber auch in Indien, Laos, den Philippinen und vielen anderen
Ländern ist die Zahl der Erkrankungen und Todesfälle erheblich höher. Das gilt
sowohl absolut (was bei der Einwohnerzahl Indiens ja auch nicht wirklich
überrascht), aber auch relativ zur Bevölkerung. Sicher ist aber: Dengue ist in
Paraguay ein größeres Problem als in Oberhausen, Delmenhorst, Finsterwalde oder
Heilbronn.
- Entfernung
von Europa
Du glaubst vielleicht, die Strecke von Dir zu Hause bis zum Supermarkt an der
Ecke, das wäre ziemlich weit. Das ist nichts verglichen mit der Entfernung von
Paraguay nach Europa. Von Berlin nach Asunción sind es Luftlinie (gem.
luftlinie.org) 11.038 Km, von Wien aus 10.987 Km. Die Schweizer sind in diesem
Fall geradezu verwöhnt, denn von Bern aus sind es „nur“ 10.344 Km. Also alles
in jedem Fall ziemlich weit weg.
Sonntags mal eben zu Oma und Opa zu Kaffee und Kuchen vorbei schauen? Vergiss
es. Euch trennen ca. 1.000 € (je nach Saison auch mal mehr oder weniger) und
ca. 25 Stunden. Die reine Flugzeit beträgt rund 14 Stunden ab Frankfurt, aber
zwischendurch strandest Du immer auf irgendeinem Flughafen, meist in Sao Paulo.
Weihnachten mit der Familie nach Europa? 2 Erwachsene, 2 Kinder, 4.000 € für
die Flüge. Du kannst aber auch Pech haben und dann wird es teuer. Flexibilität
ist gefragt. Wenn Du bereit bist, 2x umzusteigen, dann kannst Du die Flüge auch
schon mal für 700 € oder 800 € pro Person bekommen. 1.000 € Differenz bei 4
Personen? So schlimm ist es doch gar, auf einer Bank im Flughafen zu
übernachten , oder?
„Kein Versand nach Paraguay“ – so liest Du es bei den meisten Artikeln, die Du
bei Ebay oder Amazon kaufen möchtest. Und selbst wenn nach Paraguay versendet
wird, so kostet der Versand meist mehr als der Inhalt des Paketes.
- Mangelhafter
Umweltschutz
Du steht mit Deinem PKW hinter einem Bus, dessen Fenster wegen der Hitze
geöffnet sind. Die Passagiere entsorgen ihren Müll durch die Fenster. Schräg
vor Deinem landen nacheinander eine leere Cola-Dose und ein Plastikbecher.
Entspann Dich! Dauert doch nur 1 Million Jahre bis das Zeugs verrottet ist.
Du denkst Dir:
ICH WILL MICH ABER NICHT ENTSPANNEN! ICH KOMME AUS DEUTSCHLAND UND HABE EIN
ABITUR IN MÜLLTRENNUNG! UND DIESE IDIOTEN SOLLEN IHREN MÜLL GEFÄLLIGST
VERNÜNFTIG ENTSORGEN UND NICHT AUF DIE STRASSE WERFEN!
Wie wirst Du mit diesen Situationen umgehen? Was wirst Du tun, wenn Dich jemand
anlächelt und im selben Augenblick irgendeinen Müll vor Dir auf den Boden
wirft, ohne dabei auch nur den Funken eines Bewusstseins zu haben, etwas falsch
gemacht zu haben? Das kostet viel Beherrschung.
Aber Paraguay ist einfach noch nicht so weit. Freue Dich lieber über die
positiven Ansätze. Mülleimer in den öffentlichen Parks, meist schon mit
Mülltrennung! Ein Schild einer Gemeinde an einer schönen Lagune: „Dein Müll
spricht nicht. Aber er sagt viel über Dich aus.“ Es tut sich etwas, aber es
braucht noch Zeit und Geduld. Hast Du die?
- Lebensmittel
verhunzen
Die Lieblingszutaten der Paraguayer beim Essen scheinen Zucker und Fett zu
sein. Jeder noch so gesunde natürliche Saft wird mit reichlich Zucker
angereichert. Klar, in er Fabrik macht man das leider auch in Deutschland. Aber
hier siehst Du zu, wir sie Dir im Restaurant einen frischen O-Saft auspressen
und noch ehe Du „stop“ gerufen hast, haben sie Dir schon 3 Teelöffel Zucker daruntergerührt.
Überhaupt solltest Du beim Thema Obst und Gemüse aufpassen.
Einerseits sitzt Du hier im Garten Eden. Hier wachsen unglaublich viele leckere
Obst und Gemüsesorten, dazu eine Auswahl von Kräutern wie Du sie sonst nur im
europäischen Zentrallager von Amazon findest.
Andererseits werden beim Anbau Chemikalien eingesetzt, die selbst einen gut
sortierten Chemiebaukasten vor Neid erblassen lassen. Wenn Du Dich mal so
richtig gruseln möchtest, dann google doch mal nach „Unkrautvernichtungsmittel
in Paraguay“. Viel Spaß!
Wenn Du Dich in Paraguay niedergelassen hast, so solltest Du möglichst schnell
herausfinden, ob Du in Deiner Region Bio-Obst und Bio-Gemüse bekommen kannst
und Dir am besten deren Produktion auch mal vor Ort ansehen.
Motivation
Pro Deutschland
Contra Deutschland
Pro Paraguay
Contra Paraguay