Objektiv gesehen hätte der Deutsche eigentlich mehr Grund zum Glücklichsein. Aber ein jeder sieht seine persönliche Situation natürlich höchst subjektiv. Man vergleicht das was ist mit dem, was sein könnte, den Status Quo mit dem Optimum.
Und hier kommen wir dem Glücksgeheimnis der Paraguayer langsam auf die Spur. Sie leben dicht am Optimum. Was erwartet ein Paraguayer vom Leben? Einen einfachen Job, mit dem er über die Runden kommt, Teréré-Trinken im Schatten des Baumes, mit Nachbarn, Freunden und Verwandten sprechen und vielleicht noch, dass am Wochenende der richtige Fußballverein gewinnt und nicht „die anderen“. Dieses Optimum hat der Paraguayer.
In Deutschland, Österreich und der Schweiz wäre viel mehr möglich. Beruflich Karriere machen, viel Geld verdienen, ein tolles Auto kaufen, wunderbare Urlaube verbringen, eine glückliche Familie um uns herum, für die wir auch die Zeit haben. Das ist das Maximum. In der Realität läuft die Karriere oft nicht so wie geplant. Oder sie läuft gut, raubt uns aber sämtliche Zeit und Energie. Für das Wunschauto fehlt dann doch das nötige Kleingeld und für den Urlaub ist ohnehin kaum Zeit. Glückliche Familie? Dafür müsstest Du sie erst einmal häufiger sehen. Die Diskrepanz zwischen Realität und Wunschvorstellung ist größer. Das verhindert das große Glück. In Paraguay sind die Wunschvorstellungen eher begrenzt. Für die meisten einfachen Paraguayer gibt es auch keine Rollenvorbilder, denen man nacheifern könnte. Fast niemand von den Freunden und Verwandten bricht aus dem traditionellen paraguayischen Leben aus. Man kennt nichts Anderes. Die meisten Paraguayer waren noch nie im Ausland, mit Ausnahme von Argentinien und Brasilien vielleicht. In diesen beiden Ländern ist es auch nicht viel anders als in Paraguay. Gepflegte Wohnviertel mit intakten Bürgersteigen ohne reichlich Müll daneben – das kennt der Paraguayer nicht. Wie sollte er es also vermissen?
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