Bei dem Szenario „Crash im System“ nehme ich an, die Krise verläuft ähnlich wie 2007. Das Finanzsystem als solches bleibt dann bestehen. D.h. Institutionen wie die Zentralbanken, Währungen wie Dollar, Euro und Guaraní werden nicht in Frage gestellt; es wird sie weiterhin geben.
Es ist nicht klar, was der Auslöser für die nächste Krise sein wird. Vieles ist denkbar:
- Ein Krieg (ausreichend Konflikte dafür haben wir in der Welt)
- Der Kollaps einer großen Bank, wie z.B. der Deutschen Bank.
- Ein Kredit-Chaos, welches von den USA ausgeht. Es kann dabei um Immobilienkredite gehen, um Studienkredite, Auto-Kredite, Verbraucher-Kredite oder was auch immer.
- Ein Kredit-Chaos, welches von China ausgeht. Unternehmen und Privatpersonen sind dort hochgradig verschuldet und haben ihr Geld oft in nicht werthaltigen Immobilien angelegt. Ein QM Wohnfläche kostet in Shanghai heute 10.000 USD und mehr. Ob Wohnungen das in einer Krise noch wert sein werden? Ich habe Zweifel …
- Ein Kredit-Chaos, welches von Japan ausgeht. Der japanische Staat ist in Relation zur Wirtschaftsleistung deutlich mehr verschuldet als jedes andere Land der Welt, inklusive Griechenland.
- Eine Krise im Eurosystem: Italien, Spanien oder Frankreich vor der Pleite
- Zahlreiche weitere Auslöser für die Krise wären denkbar.
Phase 1 der Krise: Misstrauen in den Märkten. Der Weg abwärts.
Banken verleihen sich, wie schon 2007, gegenseitig kein Geld mehr. Unternehmen und Privatpersonen verkaufen ihre Anlagen: Aktien, Anleihen, Immobilien. Die Preise fallen deutlich. Vermutlich würde das auch Gold und Silber betreffen. Der erste Teil der Krise ist also eher von Deflation gekennzeichnet als von Inflation.
Es ist zu vermuten, dass Anleger in dieser Situation auch ihr Geld aus Schwellenländern abziehen und in vermeintlich sicheren Währung wie dem US-Dollar oder dem Euro parken.
Durch die fehlenden Kredite bricht die Nachfrage nach Investitionsgütern (Autos, Maschinen etc.) deutlich ein.
Was bedeutet das nun für Paraguay? Ein denkbares Szenario ist:
- Deine Bankguthaben sind nicht sicher. Weder in Deutschland, noch in Paraguay. Bankguthaben sind immer nur eine Forderung gegenüber der Bank. Geht die Bank pleite, so ist die Forderung auch nichts mehr wert. Sicher, es gibt einen Einlagensicherungsfonds, der die Sparer bei Bankenpleiten schützen soll. Wenn einzelne Banken pleitegehen, so wird dies auch funktionieren. Wenn aber reihenweise Banken pleitegehen, weil das Finanzsystem vor die Wand fährt, dann hilft Dir vermutlich kein Einlagensicherungsfonds mehr.
- Es kann Kapitalverkehrskontrollen geben. Schon
heute wird es immer schwerer, Geld von Deutschland nach Paraguay zu
transferieren. Ohne einen Nachweis, woher Du das Geld hast, wirst Du hier in
Paraguay nicht an Dein Geld kommen. Den Nachweis musst Du bitte übersetzen
lassen, beglaubigen usw.
Denkbar wäre, dass Überweisungen von Deutschland nach Paraguay irgendwann gar nicht mehr möglich sein werden. - Der Guaraní könnte gegenüber dem Euro deutlich schwächer werden, z.B. 1 € = 8.000 Gs. Oder „nur“ 7.500 Gs? Oder gar 9.000 Gs.?
- Wenn Du laufend Einnahmen in Euro hast, von denen Du in Paraguay lebst, so ist das gut für Dich. Du wirst für Deine Euro künftig mehr Guarani erhalten.
- Wenn Du noch eine größere Summe Euro in Guaraní umtauschen möchtest, so hast Du ebenfalls Glück. Aber Achtung: Es drohen Kapitalverkehrskontrollen. Gesetze könnten verhindern, dass Du Dein Kapital von Europa nach Paraguay bringen kannst.
- Wenn Du dagegen gerade wieder zurück nach Europa möchtest und Dein Hab und Gut in Paraguay versilbern möchtest, Du wirst Du nun – in Euro – schlechte Preise erzielen.
- Importgüter werden wegen des teuren Dollars ebenfalls teurer. Wenn Du gerade ein Haus bauen möchtest, so wirst Du feststellen, dass viele Materialien (z.B. Eisenstangen) deutlich teurer werden.
- Der Immobilienmarkt in Paraguay dürfte eher nachgeben, sich aber im Vergleich zu Europa gut halten. Der Grund ist, dass in Paraguay sehr viel mehr Immobilien ohnehin ohne Kredite gekauft werden. Eine Kreditklemme trifft Paraguay daher weniger als andere Länder.
- Sollte aber die Krise von einem Krieg mit deutscher Beteiligung begleitet sein, so dürfte die Zahl der Flüchtlinge aus Europa nach Südamerika zunehmen. Das könnte Immobilien in Paraguay einen Auftrieb geben.
- Österreich und die Schweiz scheinen vor Kriegen sicherer zu sein, da beide zumindest nicht in der NATO sind.
- Wenn Banken pleitegehen und andere Banken mit sich reißen, so dürfte dies Cooperativas und Banken in Paraguay unterschiedlich treffen.
- Cooperativas: Ein wichtiger Teil der Kreditvergabe läuft über Cooperativas. Diese sind erstens mit den Weltmärkten wenig vernetzt und zweitens betreiben sie das klassische, solide Bankgeschäft: Sie leihen sich Geld vom Kapitalanleger und verleihen dies wieder an die Kreditnehmer. Spekulative Anlagen in komplexe Derivate sind NICHT das Geschäftsmodell von Cooperativas. Natürlich kann eine Weltwirtschaftskrise auch einen negativen Effekt auf Cooperativas haben, doch dürften diese in Summe deutlich besser durch die Krise kommen als Geschäftsbanken.
- Geschäftsbanken: Bankenpleiten in Europa könnten negative Effekte für die Geschäftsbanken in Paraguay haben. Banken wie z.B. die BBVA kommen aus Spanien und sind mit dem europäischen Bankensystem eng verflochten. Wenn Banken in Europa wackeln, so könnten auch Banken in Paraguay wackeln.
- Paraguay als Land dürfte von einer Weltwirtschaftskrise weniger betroffen sein als Industrienationen wie z.B. Deutschland. Deutschland exportiert Investitionsgüter wie Maschinen, Autos oder chemische Produkte. In einer Krise sinkt die Nachfrage stark. Paraguay exportiert primär Strom, Soja und Sojamehl sowie Rindfleisch. Soja wird oft als Tierfutter verwendet. Die Tiere fressen auch in der Krise. Auch Strom wird in der Krise benötigt. Paraguays Exportgüter sind wesentlich weniger krisenanfällig als Deutschlands.
- Paraguay produziert mehr als genügend Lebensmittel für seine Bevölkerung. Eine Hungersnot ist selbst dann kaum vorstellbar, wenn im Supermarkt die Regale leer bleiben.
- Paraguay hat große natürliche Reserven an Trinkwasser. Neben den Regenfällen befindet sich unter Paraguay eines der größten Süßwasservorkommen der Welt.
Phase 2 der Krise: Die Regierungen und Notenbanken reagieren. Der Weg aus der Krise?
In der Krise nach 2007 haben die Notenbanken reagiert, indem sie durch Leitzinssenkungen die Märkte mit Geld geflutet haben und so künstlich Nachfrage generiert haben. Nehmen wir einmal an, dass das wieder der Weg wäre. Das ist zwar eine sehr schlechte Lösung, doch möchte man das Finanzsystem in seiner gegenwärtigen Form erhalten, so gibt es wohl keinen anderen Weg. Eine gute Lösung ohne Verlierer existiert nicht.
Aber: Es gibt kaum Spielraum für eine Leitzinssenkung. Aktuell liegt der Leitzins in den USA bei 2,5%, in der Eurozone bei 0%. Die Notenbanken haben ihrer Pulver bereits verschossen, bis auf die Federal Reserve Bank (FED) in den USA, die noch einen kleinen Spielraum hat.
Man kann sich also quasi fast zum Nulltarif Geld leihen, aber niemand will es haben. Die niedrigen Zinsen führen nicht mehr dazu, dass die Bürger auf Kredit einkaufen gehen. Was nun? Wie kann der Staat bzw. wie können die Notenbanken noch künstlich Nachfrage erzielen? Grundsätzlich stehen zwei Wege offen.
Weg 1: Minus-Zinsen
Wer sagt, dass die Zinsen nicht unter 0% fallen können? In der Schweiz, Japan und Schweden gibt es bereits negative Leitzinsen! Manche Banken geben diese an die Kunden weiter und berechnen Gebühren, wenn die Kunden ihr Geld auf der Bank lassen. Das Risiko ist, dass der Kunde in Bargeld flüchtet. Wenn das zu viele Kunden tun, so gibt es einen Banken-Run und die Banken könnten niemals alle Kunden bar auszahlen.
Man müsste also verhindern, dass die Menschen ins Bargeld fliehen können. Die Einstellung des 500-Euro-Scheines ist eine Maßnahme in diese Richtung. Banken horten Bargeld in Milliarden-Höhe. Sie haben Riesen-Tresore und nutzen auch alte Stollen für die Bargeld-Lagerung. Nach dem Wegfall des 500-Euro-Scheines müssen sie nun auf 200-Euro-Scheine ausweichen. Die Kosten für die Bargeld-Haltung haben sich so verzweieinhalbfacht. Das Verbot des 200-Euro-Scheines würde die Bargeldhaltung noch einmal doppelt so teuer machen. Nicht für den Privatanleger, der zuhause 10.000 € versteckt, aber für die Banken.
Oder der Staat definiert unterschiedliche Kurse für Geld auf dem Konto und Bargeld. Wenn Du z.B. 100 € vom Konto abhebst, so bekommst Du nur 98 € ausbezahlt. Lässt Du es auf dem Bank-Konto bei -2% Zinsen, so sind es nach einem Jahr auch nur noch 98 €. So könnte die Flucht in Bargeld verhindert (oder verringert) werden.
Für Paraguay sind Minus-Zinsen derzeit noch sehr weit entfernt. Sicher ist: Paraguay hat ein sehr hohes Zinsniveau, auch für Geldanlagen. Ohne weiteres lassen sich hier 12% bis 16% Zinsen für Festgeld erzielen, je nach Cooperativa (Genossenschaftsbank), Anlagesumme und Laufzeit. Wenn weltweit die Zinsen weiter sinken, so werden sie dies höchstwahrscheinlich auch in Paraguay tun.
Das ist insbesondere für die Auswanderer relevant, die hier von den Zinsen leben. Wer heute noch 14% erhält, hat in 5 Jahren vielleicht nur noch 7% und damit nur noch die Hälfte seines Einkommens. DASS die Zinsen in Paraguay weiter sinken werden, erscheint sehr wahrscheinlich. Wie stark und wie schnell sie fallen werden, kann niemand wissen. Die „7% in 5 Jahren“ im Beispiel sind auch nur eine völlig fiktive Annahme.
Weg 2: Bedingungsloses Grundeinkommen
Ben Bernanke, der ehemalige Notenbankchef der USA sagte einmal sinnbildlich, wenn es darauf ankäme, so würde er Bargeld aus Hubschraubern abwerfen. So kam er zu seinem Spitznamen „Helikopter-Ben“. Er meinte, dass er mit billigem Geld die Märkte fluten würde, um Nachfrage zu erzeugen.
Nun wird in Talk-Shows immer mal wieder über ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle Bürger diskutiert. In manchen Ländern laufen Modellversuche dazu. Der Grund ist vermutlich nicht, dass der Staat plötzlich seine soziale Ader entdeckt hat. Es geht darum, die für die Wirtschaft notwendige Nachfrage zu erzeugen. Wenn man den Bürgern einfach Geld schenkt, so müsste es doch mehr Nachfrage geben, oder? Vielleicht knüpft man dieses Geschenk an die Bedingung, dass dieses Geld ausgegeben werden muss?
Was sich zunächst verlockend anhört, hat seine Tücke im Detail. Irgendwie müsste dieses Vorhaben finanziert werden. Denkbar wäre, dass der Staat von seinem Recht auf Enteignung (Deutsches Grundgesetz Artikel 14) Gebrauch macht.
Also, wenn Du noch Geld oder Vermögenswerte (Immobilien?) in Deutschland hast, so kann es sein, dass Dich der Staat zunächst (teil-)enteignet und Dir kurz darauf Geld schenkt. Hört sich paradox an, ist aber nicht unwahrscheinlich. Das gilt freilich zunächst einmal für einige Industrienationen: USA, EU-Länder, vielleicht Japan und Südkorea?
Ob das bedingungslose Grundeinkommen dann aber auch für Deutsche (oder Österreicher oder Schweizer) in Paraguay gilt? Wir wissen es nicht, aber in der Vergangenheit war das deutsche Steuergesetz zu Deutschen im Ausland nicht besonders nett. Meine Prognose daher: Das Anrecht auf das bedingungslose Grundeinkommen haben Auslandsdeutsche dann vermutlich nicht.
Enteignungen aber treffen auch die Auslandsdeutschen, sofern sie noch Vermögenswerte in Deutschland haben. Vermögenswerte in Paraguay erscheinen derzeit sicher vor dem deutschen Finanzamt, es sei denn Du bist in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig. Aber Achtung: Die USA haben z.B. ein anderes Steuerrecht. Jeder US-Amerikaner muss eine Steuererklärung in den USA abgeben, egal wo in der Welt er lebt. Die Steuerpflicht ist dort an die Staatsangehörigkeit geknüpft, nicht an den Wohnort.
Das ist in Deutschland (noch) nicht so. Unter einer von den Grünen angeführten Regierung in Deutschland wäre es denkbar, dass es hier zu Gesetzesänderungen kommen kann. Es ist also nicht auszuschließen, dass Du in Zukunft einmal Deine Steuern in Deutschland zahlen musst, egal wo Du lebst. Aber das ist – noch – Zukunftmusik.
Mit den Maßnahmen Enteignungen und bedingungsloses Grundeinkommen könnte es gelingen, die Krise vorerst noch einmal zu überwinden. Betonung auf „vorerst“, denn die Probleme des Finanzsystems sind auch damit nicht gelöst. Das Grundproblem bleibt: In diesem Geldsystem sind die Schulden des Einen die Vermögenswerte des Anderen. Es ist rein mathematisch nicht möglich, die Schulden deutlich zu reduzieren, ohne dass auch die Vermögenswerte reduziert werden. Die Krise würde daher in 1 bis 10 Jahren wieder akut werden, nur dass die Fallhöhe des Finanzsystems dann noch viel größer ist. Am Ende wird ein neues Finanzsystem stehen. Eine Währungsreform, von der niemand weiß, wie sie aussehen wird. Der „Crash des Systems“, auf den ich in einem anderen Kapitel näher eingehen werde.
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